0"96 - Vixen OR Serie

Neben den völlig überteuerten Zeiss-0"96er "Steckorthos" gibt es hierzulande eine preisgünstige und dennoch reelle Ortho-Alternative im 0"96-Klassiker- Bereich: die orthoskopischen Okulare aus japanischer Produktion, meist unter "Vixen" vertrieben. Wie auch deren "Geschwister" in H/HM-Bauweise, sind diese ebenso aus Metallgehäusen mit Glaslinsen gefertigt. Derzeit nutze ich diese in Brennweiten zwischen 18mm und 5mm eben an den langbrennweitige klassischen Refraktoren. Die Gesichtsfelder sind etwas größer als die der H/HM-Okulare (bis auf das erwähnte HM-15 ...), so um die 40° . Die Abbildungsqualität ist im Langbrennweiter durchweg auf hohem Niveau; randscharfe Abbildungen und gute Kontrastleistungen. Natürlich muss man beim Beobachtungskomfort Kompromisse machen, da hat man eben doch von vor ca vierzig Jahren bis heute beachtliche Fortschritte gemacht. Gerade bei den Brennweiten 4-7mm klebt das Auge doch sehr nahe an der Linse und es gibt dann diese "Wimperschlieren". Zwischen 9 und 18mm Brennweiter erhöht sich dann der Beobachtungskomfort deutlich. Ich beobachte am liebsten mit dem 12.5er ... das bietet am f/15 Refraktor dann einen guten Konsens zwischen Komfort, Vergrößerung und Bildhelligkeit. Wenn man also die kleinen Einschränkungen akzeptiert und damit umzugehen weiss, bieten die kleinen Klassikerokulare Beachtliches.
Man hört immer wieder, dass die damalige Vergütung nicht so gut sein soll. Ich kann das bislang weder bejahen noch verneinen, werde aber mal das 6er Ortho von Vixen gegen den "Platzhirsch" in diesem Segment, das 6er Ortho von Zeiss-Jena (heutztage ca. 10x so teuer ... ) antreten lassen und berichten.

Vorweg: Gestern gab es tatsächlich mal eine seltene Wetterstörung: die Sonne schien tagsüber von einem blauen Himmel, der sich auch abends erstaunlicherweise erst später zuzog. Heutzutage werden Vergleiche ja mit so "tollen" Begriffen wie "Battle" tituliert. Und einen solchen "Battle habe ich gestern mal gemacht, nämlich mit Okularen und zwar ... natürlich "klaßischen" 0"96ern: Ich habe das 6mm Vixen-Ortho (Marktwert ca 20-30€) gegen den "Platzhirsch" in diesem Segment, das um ca 250-300€ gehandelte 6mm Zeiss "Steckortho" antreten lassen. Sichtfeld ist in beiden Okularen eigentlich identisch. "Trägerrefraktor" war ein ebenso klassischer Vixen 90/1300mm Refraktor, der in ungefähr demselben Alterssegment wie die Okulare zu finden ist. Die resultierende Vergrößerung mit den 6mm-Okularen ist also 217fach. Seeing war mittelprächtig. Bedingungen waren ansonsten natürlich der üblichen Stuttgarter 4mag-Himmelsschmock.

Gestartet bin ich dann mit dem Orionnebel (den ich auch später nochmals anvisierte) und hier das Trapez: Mein Eindruck: Das Zeiss lieferte ein ein bischen "ruhigeres" Bild, im Vixen machte mir dies einen "zappeligeren" und unruhigeren Eindruck. Eigentlich ist sowas ja nicht wirklich logisch, warum kann - unter identischen Bedingungen - ein Okular ein "unruhigeres" Bild liefern als ein anderes? Hmmmh ... komisch. Die Sternchenabbildung war in Beiden nahezu gleich, im Vixen gab es Andeutungen etwas stärker ausgeprägter Beugungserscheidungen. Auch war der Hintergrund in den "Nebelwolken" im Zeiss meinem Empfinden nach einen "Tick" kontrastreicher. Ich war auch hinter der E-Komponente her, konnte diese aber in beiden nicht sehen.
Dann rüber zum Doppelstern 32 Ori, dessen 4 und 5 mag helle Komponenten ca 1"25 Abstand haben; also absolute theoretische Grenze für einen 90er Refraktor (Dawes: 112.5/90=1"25). Im beiden sah man die hellere und schwächere Komponente direkt "aneinander" liegen, wie eine seitliche "8" mit unterschiedlich großen Sternscheibchen. Aber auch hier trat wieder der Eindruck des etwas ruhigeren Bildes im Zeiss-Ortho zutage ... obwohl ich die Okulare immer wieder hin und her wechselte. Im Vixen war dieses liegende "8" etwas seltener zu sehen, weil eben mehr "Zappel".
Rigel wurde in beiden getrennt, auch hier ein etwas ruhigeres Bild im Zeiss.
Dann der 1"7 Doppelte eta Ori: hier hatte das Vixen den "besagten Tick" die Nase vorn, denn - und das hat mich umso mehr im Vergleich zu den vorhergehenden Beobachtungen überrascht - hier war das Bild im Vixen-Okular ruhiger.
Sirius - konnte nicht getrennt werden, weil zu tief und in beiden Okis nur am zappeln. Auch das "Ausblenden" der Hellen Hauptkomponente mit dem Okularrand brachte keine Sichtung von Sirius B. Da muss der Himmel einfach "stehen". Gerade auch mit einer dafür doch so recht kleinen öffnung.
Abschliessend gabe es dann noch NGC 2392, den PN "Eskimo" in den Zwillingen: hier war eigentlich kein nennenswerter Unterschied in der Abbildung des Nebels zu erkennen, beide Okulare brachten den Nebel mit nach Innen zunehmender Helligkeit und den ZS gleichermaßen. Nur ein Eindruck noch: ein in der Nähe stehenden schwacher Stern kam im Zeiss einen Tick schneller "zum Vorschein.
Man müsste nun diesen "Battle" noch an Objekten wie Mond und Planeten machen; beides stand gestern "nicht zur Verfügung"
Fazit aufgrund meiner vollkommen subjektiven Beobachtungen gestern: eigentlich haben bei mir die "Vixen"-Orthos einen kleinen Stein im Brett. Aber zusammenfassend muss ich sagen: das 6er Zeiss bietet ein i.d.R. etwas ruhigeres Bild mit einem Wenig mehr an Kontrast. Vielleicht liegt gerade Letztes ja an einer etwas besseren Vergütung, die eben das "Quäntchen" Licht mehr durchlässt. Aber sehr groß sind die Unterschiede nicht. über den Daumen gepeilt meine ich: wenn dem Zeiss eine Wertigkeit von 100 zugeordnet wird, liegt die des Vixen-Okulares bei 80-85. Rechnet man das monetär um und geht von einem Preis für das Vixen von 30€ aus, so käme man mit wirklichem Good-Will beim Zeiss auf 40€. Oder drehen wir es auf die Preisperspektive dessen, was für Zeiss bezahlt wird: nehmen wir hier den geringsten üblicherweise für ein in Ordnung befindliches 6mm Zeiss von ca. 250€; so müsste das Vixen mindestens 200€ kosten. Preise, die üblicherweise für gebrauchte und in gutem Zustand befindliche Nagler-Okulare der Serie 6 aufgerufen und auch bezahlt werden. Geht man von einem realistischen Gebrauchswertpreis für Vixen Orthos in der Höhe von 30€ aus, kann nun ermessen werden, was für absurde Preise für die geringfügig besseren Zeiss-Orthos aufgerufen werden. Dieser sechs- bis achtfache Preis für das Zeiss steht in keinerlei vernunftgesteuerter Relation zum Mehr an Gebrauchswert gegenüber den Vixen.
Es muss natürlich jede/r für sich selbst entscheiden, ein Vielfaches an Geld für das Wissen, ein Zeiss-Okular zu besitzen, auszugeben.


Wie auch schon bei den H&HM-Okularen dieser Serie kann man sagen: Sie sind klein, alt und ... am Langbrennweiter wirklich unterschätzt

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